Zusammenarbeit oder Konkurrenz?

Größere Wirtschaftskrisen hatten in der Vergangenheit den Ausbruch von Kriegen gefördert, oder waren ihnen wenigstens meist vorausgegangen. Dabei ist nicht klar, ob der Krieg der Krise folgte, um von der Inkompetenz der Verantwortlichen abzulenken und die Wut der Geschädigten nach außen zu lenken, oder ob die Krise von den Verantwortlichen inszeniert war, um mit dem Krieg ihre machtpolitischen Vorstellungen voranzubringen. Wenn ersteres auch die verbreitete Meinung ist, scheint mir letzteres bei näherem Hinsehen das Wahrscheinlicher gewesen zu sein.

Vor dem Hintergrund beruhigt, wenn der russischen Außenminister Sergej Lawrow nach Gesprächen mit seiner US-Amtskollegin am 9. April in einem Interview mit dem TV-Sender „Russia Today“ und den russischen Auslandssender „Stimme Rußlands“ sagte: „Ich sehe keine Gründe dafür, daß die gegenwärtige Krise auf einen Krieg hinausläuft. Nach der Großen Depression nahm das Streben nach einer wirtschaftlichen und Finanz-Kommunikation ab. Das führte letztendlich in den zweiten Weltkrieg. Heute sehe ich aber keine Voraussetzung dafür, daß sich jenes Szenario wiederholt“. Er spielte damit wohl auf die Absprachen der G20 über die Finanzkrise in London Anfang April an und reagierte auf eine Meldung, wonach über 50% der erwachsenen Russen fürchten, vom Ausland militärisch angegriffen zu werden, und dafür Gründe angeben können.

Rußland hatte im Vorfeld des Londoner G20-Gipfels den IWF aufgefordert, Möglichkeiten für die Einführung einer Reservewährung zu erwägen, die nicht mehr, wie zur Zeit, die Volkswirtschaft nur ein Landes einseitig bevorzugt. Der chinesische Zentralbankchef Zhou Xiaochuan hatte am 24. März den russischen Vorschlag, den US-Dollar durch eine neue internationalisierte Leitwährung zu ersetzen unterstützt, und auf der öffentlichen Internetseite der Zentralbank geschrieben: „Im internationalen Finanzsystem muß eine supranationale Reservewährung etabliert werden, die nicht an einzelne Staaten gebunden ist“, und „Sonderziehungsrechte haben das Potential einer supranationalen Reservewährung“.

Tags darauf sagte US-Präsident Barack Obama auf einer großen Pressekonferenz im Weißen Haus: „Der Dollar ist heute deshalb so stark, weil Investoren die USA als die stärkste Wirtschaft der Welt und das amerikanische politische System als das stabilste weltweit betrachten“. Daher sehe er keine Notwendigkeit für eine neue Weltwährung. Damit waren Rußland und China abgefertigt. Zwar wirkt der US-Dollar noch „fest“ und haben sich die US-Aktienmärkte erholt – offenbar, weil sich Leerverkäufer, die auf weiter sinkende Aktien spekuliert hatten, rechtzeitig eindecken mußten. Und weil, unter anderem, zu eben diesem Zweck die Dollarschleuse geöffnet wurde. Doch das betrifft nur das Finanz-Kasino und nicht die Realwirtschaft.

Die produzierende Wirtschaft der USA sieht nämlich weiterhin miserabel aus. „Private Arbeitgeber strichen“ nach einem Bericht der Automatic Data Processing Inc. vom 8. April „im März 742.000 Jobs“. Die Regierung spricht von 663.000 Jobs. Im Februar waren nach offiziellen Angaben 651.000 Arbeitsplätze verschwunden, im Januar 655.000, doch mußte die Zahl inzwischen auf 741.000 korrigiert werden. Bei weiter fallenden Hauspreisen, rasch wachsenden Zeltstätten für Leute, die ihr Haus verloren hatten, deutet nichts daraufhin, daß die reale Wirtschaft des Landes bald aus dem Tief aufsteigt.

Daran änderte der Londoner Gipfel nichts. Um Rußland und China abzuspeisen, wurden die Sonderziehungsrechte beim Internationalen Währungsfonds etwas, um 250 Mrd. US-Dollar, erweitert. Eine neue, den Dollar ablösende Weltreservewährung war damit nicht geschaffen. Auch die weiteren 500 Mrd. US$ für den IWF waren reine Augenwischerei. 250 Mrd. US-Dollar waren schon vor dem Gipfel überwiesen worden, und Japan hatte im November 2008 weitere 100 Mrd., die EU weitere 80 Mrd. US$ zugesagt. Wer für die restlichen 70 Mrd. aufkommen soll, wurde in London nicht einmal festgelegt. Auch die 100 Mrd. US$ für die Entwicklungsbanken waren bereits – bis auf einen Rest, den sie sich auf den Finanzmärkten beschaffen sollen – vorher vereinbart. Der zur Rettung des internationalen Finanzsystems angekündigte Gipfel war nur Schaumschlägerei.

Und die strengere Kontrollen der Finanzmärkte und Finanzprodukte, um das Vertrauen in die Märkte wieder herzustellen? Tatsächlich wurden die Bilanzregeln aber aufgeweicht. Laut Manager Magazin vom 2. März „verabschieden sich die USA von der Bilanzierung zum Marktwert. Banken dürfen künftig illiquide Wertpapiere nach eigenem Gutdünken in ihren Büchern bewerten. Das soll die Abwärtsspirale aus Abschreibungen, Notverkäufen und Preisverfall stoppen“. Ob das den Vertrauensschwund in die Papiere bremsen wird? Das zuständige Financial Accounting Standards Board (FASB) hatte dem Drängen der Banken und Politiker nachgegeben. In Europa gelten ebenfalls flexiblere Regeln, auch sie sollen weiter gelockert werden. So sehen Merkels „strengere Kontrollen“ real aus.

Der größte Witz war der Beschluß gegen Steuerparadiese. Auf der schwarzen Listen der OECD werden Costa Rica, die Philippinen, Malaysia, das sich 1997 mit Devisenkontrollen gegen die von der Finanzmafia inszenierte Südostasienkrise gewehrt hatte, und Uruguay angeprangert. Die eigentlichen Steueroasen, die Cayman Islands oder die Kanalinseln Jersey, Isle of Man und Guernsey, fehlen ganz. Sie befinden sich auf britischem Hoheitsgebiet. Allein Jersey beherbergt 33.395 Briefkastenfirmen, die Vermögenswerte von 206 Mrd. Pfund verwalten. Schon im Wahlkampf hatte US-Präsident Barack Obama geschimpft: „Es gibt ein Gebäude auf den Cayman Islands, in dem vermutlich 12.000 Unternehmen mit Sitz in den USA untergebracht sind. Das ist entweder das größte Gebäude der Welt oder der größte Steuerbetrug der Welt…“. Er versprach per Gesetz pro Jahr etwa 100 Mrd. US-Dollar Steuern an der Flucht zu hindern. „Was für ein Heuchler. Die USA selbst sind die größte Steueroase der Welt“, meint Dan Mitchell vom Cato-Institut in Washington (Quelle). Staaten wie Delaware, Wyoming und Nevada räumten Unternehmen weitgehende Anonymität ein. Man kann dort per Telefon Kundenberater beauftragen, in 48 Stunden eine Firma zu gründen, um Geld vor Steuerbehörden zu verstecken. Viele der jährlich über 100.000 neu gegründeten Unternehmen in Delaware sind Briefkastenfirmen. Vom internationalen Finanzgipfel bleibt nur die heuchlerische Neid-Kampagne gegen die überhöhten „Boni“ derer, die für die Finanzmafia die Schmutzarbeit ausführen, ihre angestellten „Top-Manager“.

Worauf beruht dann Lawrows Entwarnung? US-Vizepräsident Joe Biden hatte auf dem Wehrpolitischen Treffen in München Anfang Februar gefordert, im Umgang mit Rußland den „Reset-Button“ zu drücken. Die Aussage ist zweideutig. Will er von der neokonservativen Scharfmacherei unter Bush II abrücken, oder will er an die für Rußland zerstörerische Wirtschaftspolitik nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion anknüpfen? Was will er wirklich?

Neun Tage nach Bidens Rede begann die NATO ihre zehntägige Übung „Cold Response 2009“, im Norden, direkt vor Rußlands Küste. Die Zeitung „Barents Observer“ schrieb zur Manöver-Lage: „Ein Konflikt ergab sich als Nordland angriff und Mittelland besetzte. Nach einem Waffenstillstand zog Nordland seine Truppen zurück. Es entstand ein Macht-Vakuum, das die NATO auszufüllen hatte“. Kurz davor fand die NATO Militärübung „Baltic Host 2009“ statt. Nach RIA Novosti wurden „eine Reihe von Szenarien [durchgespielt], die den Einmarsch und den Einsatz von NATO Truppen in einem Mitgliedsland“ vorsahen.

Vor dem Manöver hatte sich der polnische Außenminister Radoslaw Sikorski mit seiner US-Kollegin Hillary Clinton getroffen und darauf bestanden, daß die neuen US Patriot PAC-3 Raketen in Polen stationiert werden. Und davor hatte US-Verteidigungsminister Robert Gates mit seinem polnischen Kollegen Bogdan Klich einen Vertrag über den Ausbau der polnischen Spezialtruppen und ihre Eingliederung in die Kommandostruktur der NATO unterzeichnet. Zur gleichen Zeit kündigte die NATO an, sie wolle Truppen aus der NATO Response Force ständig in Osteuropa stationiert halten.

Der Oberbefehlshaber der Ukrainischen Flotte, Ihor Tenyukh, kündigte kurz nach der Unterzeichnung der Strategic Partnerschaft mit den USA an, daß das jährliche Flottenmanöver Sea Breeze mit der NATO vor der Krim „nach Anzahl der beteiligten Truppen und ihrer Ausrüstung größer sein werde als zuvor“. Und NATO Generalskretär Jaap de Hoop Scheffer verkündigte medienwirksam: „Wir sind entschlossen die Strategische Partnerschaft (diesmal mit Georgien) weiter auszubauen“. Ab 3. Mai ist in Georgien das einmonatige NATO Manöver Cooperative Longbow-Cooperative Lancer vorgesehen. Dazu schrieb die Georgian Times: „Georgiens Teilnahme an der NATO Übung wird als erster ernsthaft neuer Schritt der NATO nach dem Konflikt im August und der Gründung einer NATO-Georgischen Militärkommission im September angesehen“. Zuvor hatte US-Verteidigungsminister Gates „Die andauernde Sicherheitsbeziehung zu Georgien sowohl seitens des Pentagons wie durch die NATO-Georgien Kommission“ hervorgehoben.

Ebenfalls im Schwarzen Meer, direkt vor der Küste Rußlands fand das 14-tägige Manöver „Thracian Spring 2009“ statt. Die US-Luftwaffe übte zusammen mit der Bulgarischen vom neuen US-Militärstützpunkt Bezmer in Bulgarien aus. Zwischen Juli und Oktober ist eine Reihe von Trainingsmanöver des US-Militärs mit Bulgarischen und Rumänischen Truppen geplant. Während der US-Central Command Chef David Petraeus ankündigte, daß nun Azerbaijan als Transitstrecke für die Versorgung der NATO-Truppen in Afghanistan benutzt werde, dachte die US Missile Defense Agency laut darüber nach, am jetzigen russischen Beobachtungsposten Garbala in Azerbaijan US- Abfangraketen aufzustellen. Obamas Berater Zbigniew Brzezinski ließ dazu verlauten: „Wir sollten mit Georgia, Ukraine und Azerbaijan zusammenarbeiten, um sie nicht im US-Russischen Dialog zu opfern […] wir sollten alles tun, um diese Länder zu verteidigen“. So wie im August 2008. Es gibt weitere Mannöver und gerade läuft wieder eine der „bunten Revolutionen“, diesmal in Moldawien.

Da verwundert Lawrows Optimismus. Oder vertraut er auf den angekündigten Ausbau der strategischen U-Boot-Flotte, die erfolgreichen Tests der brandneuen Interkontinentalrakete und die neu entwickelte 5. Flugzeuggeneration. Und China kaufte gerade für 16 Mrd. US-Dollar Waffen in Rußland.

Zusammenhänge

Diejenigen, die etwas auf der hohen Kante haben, bangen um ihr Geld und blicken in gespannter Erwartung auf den Weltfinanzgipfel am 14. und 15. November in Washington. Daneben nimmt immer noch die Wahl Barack Obamas und die daran geknüpfte Hoffnung viele Köpfe in Beschlag. Dabei werden schon mal andere Brandherde übersehen, etwa die Tatsache, daß Israel bereits seit einer Woche keine ausländischen Journalisten mehr in den Gazastreifen läßt und dies mit der militärpolitischen Lage an den Grenzen der Enklave zu den Palästinensern begründet. Es könnte aber auch mit der dortigen humanitären Situation zu tun haben. Vorsichtshalber wurde kürzlich offiziellerseits (in den USA und bei uns) die Antisemitismus-Kampagne wieder aufgefrischt. Denn nach dem „Global Anti-Semitism Review Act“ vom 16. Oktober 2004 haben „Strong anti-Israel sentiment“ und „Virulent criticism of Israel’s leaders“, sowie jede Behauptung „that the Jewish community controls government, media, international business and the financial world“ als strafbarer Antisemitismus und „interner Terrorismus“ zu gelten. Vielleicht ist ja auch schon ein solcher Hinweis bereits Antisemitismus. Gibt es da Zusammenhänge, Gründe?

Bleiben wir mal auf dem Boden, also bei dem alles bewegenden Geld und dem Finanzgipfel der G 20, der das System retten will. Der französische Präsident Nicolas Sarkozy hatte in „Le Parisien“ vom 10. November Zweifel am Erfolg des Gipfels geäußert. Grund: der Geschäftsführende Direktor (CEO) des IMF, Dominique Strauss-Kahn aus Frankreich hatte der Financial Times gesagt, die Verhältnisse würden sich nicht über Nacht ändern und in der Pipeline stecke kein „international treaty“. Für den Fall, daß nur Sprüche geklopft würden, wollte Sarkozy sofort die Heimreise antreten. Das wäre Joseph Ackermann, dem Chef des Weltbankenverbands (IIF) und der Deutschen nur recht. Er hatte in einem Brief an Bush gewarnt, den öffentlichen Sektor auf Dauer eine „größere Rolle im internationalen Finanzsystem“ spielen zu lassen und nur eine „vorrübergehende“ Einmischung der Politik zugestanden. Wahrscheinlich bleibt es also beim Gerede. Bush hat seine persönliche Teilnahme am Gipfel abgesagt. Er macht damit nicht Obama Platz, denn auch der will sich durch die frühere Außenministerin Madelaine Albright (-Körbel) und den Republikaner Jim Leach vertreten lassen.

Ein Mißerfolg würde auch den russischen Präsidenten Dimitri Medwedew enttäuschen, der laut „Le Figaro“ vom 13. November ähnlich wie Sarkozy mit konkreten Vorstellungen nach Washington reist. Welches diese sind, erfährt man aber noch nicht. Nur, daß er von den Banken eine „transparente Buchführung“ verlangt, was auf staatliche Kontrolle hindeutet, die sich Ackermann und Freunde verbeten, und ein „neues System der Risikoabsicherung“. Im Übrigen wirbt Medwedew in Frankreich – aber in Grenzen – angesichts des europäisch-russischen Gipfels in Nizza für eine engere Partnerschaft zwischen Europa und Rußland, nachdem die EU wegen des westlichen Mißerfolgs mit dem Südossetien-Unternehmen Georgiens entsprechende Verhandlungen im vorauseilenden Gehorsam abgesagt hatte.

Rußland hat Grund für seinen Unmut über das Weltfinanzsystem, denn weil westliche Finanziers und ihre russischen Genossen im großen Umfang Kapital als dem Land abgezogen hatten, mußte die russische Regierung bisher schon fünf Billionen Rubel (rund 144 Milliarden Euro) oder ca. 12,3 Prozent des russischen BIP zur Beseitigung der Folgen der Weltfinanzkrise bereitstellen. Russische Experten rechnen, daß für den gleichen Zweck weltweit mit 9,4 Billionen US-Dollar (15 Prozent des Welt-BIP) erforderlich seien. Die Hauptursache der Krise sehen sie in der Überkapitalisierung des Wertpapiermarktes und entdecken angesichts der „Restbeständen auf den Bankenkonten“ keine Liquiditätsprobleme des Bankensektors. Die Weltfinanzkrise sei eine Vertrauenskrise, die nicht durch Finanzspritzen zu bewältigen sei.

Warum das Vertrauen weg sei, erklärt ein unbekannter Autor mit einer netten Geschichte: In einem Urwaldstädtchen tauchte einmal ein reicher Kaufmann auf. Er werde, wenn er in wenigen Wochen wiederkomme, den Einwohnern für jeden Affen, den sie lebendig im Urwald fingen, 10 Dollar zahlen. Die Leute machten sich auf die Jagd und fingen den Wald leer. Der Kaufmann kam, zahlte und verlangte mehr Affen. Die Jagd sei schwieriger geworden, weil man nun weniger Affen anträfe. Man einigte sich auf einen neuen Preis von 20 Dollar. Der Kaufmann wollte in einigen Wochen wiederkommen. Mit neuem Eifer machten sich die Laute auf die Jagd. Der Kaufmann wollte noch mehr Affen und bot nun 25 Dollar pro Stück. Das Jagdergebnis fiel sehr bescheiden aus, weil man im Urwald kaum noch auf Affen stieß. Er werde in zwei Monat wiederkommen und nun 50 Dollar für jeden Affen zahlen. Das könne er Ihnen schriftlich geben – und bei dem Preis sollten sich doch noch Affen auftreiben lassen. Der Kaufmann reiste ab. Die Leute gaben nach wenigen heftigen Versuchen die Jagd auf, sie hatte keinen Zweck, kaum ein Affe war noch aufzutreiben. Kurz vor Ablauf der Frist tauchte ein anderer Mann auf, er gab sich als ein seit längerer Zeit gekündigter Assistent des Kaufmanns aus. Er könne Ihnen jede Mange Affen für 35 Dollar anbieten. Die Städter waren zuerst skeptisch, aber nach ein paar aufmunternden Worten kratzten sie in Vorfreude auf das bevorstehende große Geschäft alles, was sie an Geld hatten zusammen, und deckten sich mit so vielen Affen ein, wie nur irgend möglich. Seither warten sie auf die Rückkehr des Kaufmanns – vergeblich.

Wen wundert es, daß ihr Vertrauen in Kaufleute aus der Ferne verschwunden ist? Das gilt natürlich weniger für Leute in der Ferne; die verlieren ihr Vertrauen nicht so leicht und lassen sich gerne von Leuten einen Affen aufbinden, die bekannter Maßen das ganz große Geld machen oder für solche arbeitet und daher „anerkannt“ sind.

Das bringt uns zurück zum Rettungsplan der Weltfinanzen. Die Lage dort sei so unstabil „wie seit Menschengedenken nicht“ schrieb die Bank of England (BoE) in ihrem Halbjahresbericht „Financial Stability Review“ vom 11. November und verweist dabei auf die Risiken bei den Hedge Fonds (den Affen) und in den Schwellenländern (den Affenjägern). Ein Tobias Bayer ließ sich von dem Bericht anregen und schreibt in der Financial Times Deutschland, die großen „Anerkannten“ hätten mit „besicherten“ Wertpapieren und Finanzinstrumenten bereits 2.800 Mrd. US-Dollar in den Beständen der Ausländer zunichte gemacht. Dieses unwesentliche Nichts entspricht in etwa den angeblichen Kosten des Irakkriegs. Könnte es auch da einen Zusammenhang geben? „Besichertes“ ist so wenig sicher, wie Selbstverständliches sich von selbst verstehen – daran sollte man denken.

Der US-Assistant Secretary für Finanzstabilität (was es alles gibt) Neel Kashkari sprach am 10. November vor der Security Industry Financial Managers Association (SIFMA), um die Experten über das „Capital Purchase Program“ im Mittelpunkt des Troubled Assets Relief Program (zu Deutsch „Rettungspaket“) zu informieren. Bis zum 14. November würden dort noch Affen aus dem 700 Mrd. Paket verkauft, und noch 250 Mrd. US-Dollar seien vorhanden, um an Banken verteilt zu werden. Zur Kontrolle der ordentlichen Vergabe habe das Weiße Haus die „anerkannten“ Steuerberater Ernst & Young (E&Y) und Pricewaterhouse Coopers (PWC) verpflichtet. PWC hatte einst die BCCI, eine aufgeflogene Bank für Drogengeschäfte, und politische und sonstige Kriminalität betreut und bei E&Y hatte die US Finanzaufsicht 2002 Interessenkonflikte bemängelt, weil sie für ihre Großkunden illegale Steueroasen organisiert hatte. Na denn: Vertraut mal!

Es heißt, die Finanzkrise vom Oktober 2008 ergebe sich aufgrund von Wirtschaftszyklen. Das dürfte so falsch sein, wie die Versprechen Barack Obamas vom 3. und 4. November „Wir können nicht zulassen, daß die Wall Street floriert, während Main Street (alle anderen) darunter leiden“ und „Morgen können sie die Seite der Politik umblättern, welche die Gier und Verantwortungslosigkeit der Wall Street der harten Arbeit und Opfer von Frauen und Männer der Main Street vorgezogen hat“. Er versprach eine völlig andere Wirtschaftspolitik.

Die Krise ist vielmehr die beabsichtigte Frucht der gemeinsamen Bemühungen von US-Regierung, Schatzamt und FED-Vorstand – nicht der Bush-Republikaner, wie Demokraten vorgeben. Auch stellt das vorgeschlagene „Rettungspaket“ keine Rettung dar. Es treibt Verschuldung und Schuldendienst an eben die „anerkannten“ Banken, die gerettet werden sollen, ins Unermeßliche, bis irgendwann unter machtpolitischen Überlegungen ein Schnitt gemacht wird, zu dem heute noch niemand außer seinen Vätern bereit wäre. Denn das Geld für das „Rettungspaket für Banken“ leiht sich die Regierung über Umwege von eben diesen Banken. Die Regierung finanziert damit ihre eigene Verschuldung, wie sie es noch in geringerem Umfang und mit deutlich mehr produktiven Anstößen (wegen der Kriegsvorbereitung) mit Roosevelts New Deal gemacht hatte.

Die Krise war unter der Clinton-Regierung mit dem Financial Services Modernization Act (FSMA) von 1999 eingeleitet worden. Genauso wie kurz danach die gehorsame SPD-Regierung die gesetzlichen Riegel am Tor gegen Übernahme und Ausschlachtung mittelständischer Betriebe durch Hedge Fonds und dergleichen „Heuschrecken“ zurückgeschoben hatte. In den USA wurde dadurch u.a. der Glass Steagall Act von 1933 aufgehoben, mit dem Roosevelt die wildesten Spekulationspraktiken der Banken eindämmen wollte, um die Staatsverschuldung einigermaßen im Rahmen zu halten. Mit dem FSMA wurde die staatliche Kontrolle der Finanzwirtschaft weitgehend aufgehoben und einigen wenigen „anerkannten“ Banken und ihren Hedge Fonds überlassen. Die Finanzinstitutionen konnten nun durch wechselseitige Verschuldung „Geldwerte“ in beliebigem Umfang schaffen und gegen Zinsen ausleihen.

Ausgerechnet diejenigen, die 1999 die Weichen für die Krise gestellt hatten, hat nun Barack Obama zur Neuregelung der Finanzen in sein Übergangsteam berufen, allen voran Prof. Lawrence Summers, den Vorkämpfer für den FSMA im Kongreß. Er ist wieder, wie unter Clinton, als Schatzamtsminister vorgesehen, 1991–1993 war er Chefökonom der Weltbank, wo er nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion die Wirtschaftsmedizin für den Ostblock mixen durfte. Er berät zur Zeit Goldman Sachs und leitet den Hedge Fonds D.E. Shaw Group. Timothy Geithner zur Zeit noch CEO der FED of New York, der zentralen Internationalen Abteilung des privaten US-Bankenkonsortiums war unter Clinton Treasury-Beamter. Er arbeitete für Kissinger Ass. beim IMF. Jon Corzine zur Zeit noch Gouverneur von New Jersey war zeitweise CEO bei Goldman Sachs. Noch irgendwelche Fragen?

Summers, Geithner, Corzine, Paul Volker, Fischer, Phil Gramm, Bernanke, Hank Paulson, Rubin, Alan Greenspan sind alles Kumpel und vertreten als Demokraten oder Republikaner die Interessen der Wallstreet. Die Architekten der gegenwärtigen Krise sollen nun beginnend mit dem G 20 Treffen in Washington die neue „global financial architecture“ einführen. (Mehr darüber in jüngsten Artikeln von Michel Chossudovsky bei http://www.globalresearch.ca)

Um China ist es unterdessen erstaunlich ruhig geworden, denn für die Chinesen stehen im jüngsten Finanzcrash Hunderte von Milliarden Dollar auf dem Spiel. Vielleicht zieht man daraus in aller Stille Konsequenzen. Chinas Premierminister Wen Jiabao hatte vor drei Wochen am Rande des dritten Russisch-Chinesischen Wirtschaftsforums ein Abkommen über den Bau einer Ölpipeline von Rußland nach China unterzeichnet. Dadurch verpflichtet sich Rosneft, in den nächsten 20 Jahren mindestens 300 Millionen Tonnen Öl zu liefern, das sind vier Prozent von Chinas jährlichem Bedarf. Chinesische Banken werden dafür Rosneft und Transneft mit insgesamt 20 bis 25 Mrd. US-Dollar aus der Liquiditätsklemme helfen. Die Zusammenarbeit im zentralasiatischen Raum wächst, daran wird auch der Ausstieg Usbekistans aus der EAWG – einer Wirtschaftsorganisation mit gemeinsame Außenzollgrenzen und einer einheitlichen Außenwirtschaftspolitik der Länder Usbekistan, Weißrußland, Kasachstan, Kirgisien, Russland und Tadschikistan mit Moldawien, der Ukraine und Armenien als Beobachter – infolge der Erpressung durch ein EU-Embargo – nichts ändern. Medwedew kann den europäischen Klimafanatikern in aller Ruhe sagen, „wenn ihr die Ostseepipeline nicht haben wollt – bitte, wir brauchen sie nicht“. Und wir haben Windmühlen – wie einst Don Quixote.